Der Begriff „Agnosie“ wurde 1891 von Siegmund Freud in die Literatur eingeführt. In der Neuropsychologie wird die klassische Agnosie als eine Störung des Erkennens bezeichnet bei erhaltener Wahrnehmung beziehungsweise das Nichterkennen taktiler, visueller und akustischer Reize bei erhaltener Funktion des Sinnesorgans. Probleme bei der Beschreibung von Objektfunktionen, Objektbenennung sowie bei der Objekterkennung treten auf wenn ein semantisches Problem vorliegt. Die Störungen entstehen nicht aufgrund von Demenz, Aphasie oder anderen Sehstörungen.
Agnosie beschreibt ganz allgemein das Unvermögen, Objekte erkennen und somit zuordnen zu können, obwohl die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit funktioniert. Ursache dafür sind meist Hirnläsionen des
Parietal- und Temporallappens. Durch Störungen wie diese werden auch andere kognitive Fähigkeiten in Mitleidenschaft gezogen. Im Fall der visuellen Agnosie ist es möglich Mithilfe akustischer
Hinweise und durch Ertasten Dinge identifiziert und beschrieben werden. Eine Schädigung auf der linken Seite verursacht zusätzliche sprachliche Defizite. Durch eine rechtsseitige visuelle Agnosie
können einzelne Bestandteile eines Objekts nicht zu einem Ganzen zusammengefasst werden (integrative Agnosie). (siehe Das Großhirn)
Trifft letztere Einschränkung
auf Konturen zu, wird dies Formagnosie genannt. Menschen mit visuell-räumlicher Agnosie sind nicht fähig dazu, Räume zu beschreiben oder Abbildungen abzuzeichnen. Dies bringt auch eine mangelhafte
Orientierungsfähigkeit mit sich, beispielsweise beim Finden von Wegen.
Durch eine Farbagnosie ist es Betroffenen zwar möglich Flächen, nicht aber einzelne Dinge mit typischen Farben in
Verbindung zu bringen, wie zum Beispiel rote Erdbeere.
Bei der assoziativen Agnosie werden Gegenstände nach Dingen benannt, mit denen das tatsächliche Objekt verbunden wird. Besonders
schwerwiegend ist die Prosopagnosie, die Störung der Gesichtswahrnehmung. Durch diese können Mitmenschen äußerlich und akustisch beschrieben werden, aber es ist nicht möglich anhand des
Erscheinungsbildes einen Bezug zu einer bestimmten Person herzustellen. Diese Art der Agnosie ist vielfach angeboren. Nicht selten ist die Prosopagnosie eine Begleiterscheinung bei
hochbegabten Menschen.
Eine weitere Art dieser Art der Wahrnehmungsstörung ist die auditorische Agnosie. Trotz unbeschädigter Ohren, können Sprache und Geräusche (Geräuschagnosie) nicht
verstanden werden. Im Fall der Amusie betrifft dieser Ausfall die Unterscheidung einzelner Töne, Melodien oder den Rhythmus von Musik. Eine Körperschemastörung, die
dem Neglect (Gesichtsfeldeinschränkungen) ähnlich ist, ist die Asomatognosie, bei der Betroffene ihren Körper gänzlich oder teilweise (Autotopagnosie)
nicht mehr erkennen können und nicht wissen, wozu einzelne Körperteile zuständig sind.
Menschen mit Schmerzasymbolie empfinden keinen Schmerz. Betrifft die Agnosie die taktilen Fähigkeiten,
besteht Unfähigkeit, Dinge zu ertasten. Patient_innen mit Asymbolie bleibt es verwehrt, Ertastetes mit dem konkreten Gegenstand in Verbindung zu bringen.
Nach der Sinnesmodalität wird zwischen taktilen (Stereoagnosie – ohne Sicht Gegenstände nicht erkennen können), olfaktorischen, auditiven, visuellen ua. Agnosien unterschieden. Bei visuellen Agnosie kann der Betroffene den Gegenstand zwar nicht erkennen, kann es aber identifizieren sobald er es in der Hand hat und sogar korrekt abzeichnen. Bei taktiler Agnosie wiederum kann der Gegenstand nicht anhand von Antasten erkannt werden aber sobald der Betroffene die Augen aufmacht kann er es erkennen. Bei einer akustischen Agnosie kann ein Geräusch oder Melodie nicht identifiziert werden. Bei der optischen Aphasie funktioniert die Zuordnung identischer Bilder, verschiedene Objekte einer Art oder verschiedene Darstellungen eines Gegenstandes aber die Benennung nicht, trotz erhaltener sprachlicher Fähigkeiten. Die Fehlbenennungen geschehen nur bei Benennungen von visuell wahrgenommenen Objekten. Bei der visuellen Wahrnehmung gibt es zwei Stufen des Erkennens:
Je nachdem welche dieser Stufen gestört ist wird zwischen apperzetiven und assoziativen Agnosien unterschieden. Die Abgrenzung einzelner Formen ist jedoch nicht immer klar und eindeutig. Eine weitere Form der visuellen Agnosie ist die Prosopagnosie. Hierbei handelt es sich um die Unfähigkeit vertraute Gesichter zu identifizieren wie beispielsweise die der Verwandten oder Freunden trotz des intakten Kontaktes und Sehens sowie der erhaltenen Fähigkeit der Stimmerkennung. Es wurde lange diskutiert ob diese Form der Agnosie als ein eigenes Syndrom bezeichnet werden kann. Des Weiteren gibt es noch Anosognosie. Dies ist die Unfähigkeit eigene Erkrankung sowie eigene Funktionsausfälle zu erkennen. Farbagnosie bezieht sich auf die Unfähigkeit Farben zu sehen.
Bei dieser Störung können die Betroffenen in engerem Sinne die Formen erkennen jedoch nicht lokale Details und globale Umrisse eines Objekts zu integrieren und charakteristische Merkmale zu extrahieren. Diese Patienten nehmen einzelne visuelle Merkmale wahr, können es aber nicht beziehungsweise können nur schrittweise die Merkmale zu einem Ganzen rekonstruieren. Ebenso haben sie Schwierigkeiten bei Benennungen wo sie versuchen die Objekte zu beschreiben. Je nach dem welche dieser Merkmale wahrgenommen und verarbeitet werden können, können noch zwei Formen unterschieden werden: Formagnosie und integrative Agnosie. Die Krankheit kann durch verschiedene Tests festgestellt werden kann wie beispielsweise bei der Zuordnung verschiedener Ansichten eines Objekts zueinander .
Hierbei ist der Prozess des Objekterkennens an verschiedenen Stellen unterbrochen, die Formanalyse in der Wahrnehmung ist erschwert. Verschiedene Objekte können nicht sicher unterschieden
werden ob beispielsweise zwei Formen gleich oder unterschiedlich sind. Bei der Formagnosie werden Größen, Bewegungen, Kontraste, Glanz, Helligkeitsunterschiede und Farben (Oberflächeneigenschaften).
Wahrnehmung bewegter Formen ist besser ausgeprägt als Wahrnehmung statischer Formen. Diese Form der Erkrankung ist selten gehört aber zu den schwersten Formen der Agnosie wobei keine
zusammenhängende Konturen und Linien verfolget werden können.
Perzeptive Phase des Erkennens ist schon am Anfang behindert: Unterbrechungen und Krümmungen der Linien können die Betroffenen
völlig verwirren sodass sie den Zusammenhang verlieren. Erkennung von Strichzeichnungen ist unmöglich, aber das Erkennen von Oberflächenstrukturen hilft manchmal dabei den Gegenstand
oder Foto zu erkennen. Einfache Formen und Buchstaben können anhand vom Nachfahren der Linien mit eigenem Finger reproduziert werden oder beim Bewegen des ganzen Bildes oder Gegenstandes.
Diese Methode der Kompensation kann sehr hilfreich sein. Ursache der Formagnosie können anoxische (sauerstofffrei) oder toxische Hirnschädigungen sein.
Bei einer integrativen Agnosie können zwar Konturen erkannt werden können aber nicht Formen und Details zu einem Gegenstand integrieren. Es kommt zur Fehlbenennungen da Objekte mit ähnlichen Objekten verwechselt werden. Oft kommt es vor dass Bezeichnungen keinen Bezug zum gesehenem Bild haben, eher mit einem Objekt dass davor gesehen wurde. Assoziationen werden produziert anstatt ein Objekt zu benennen. Beschreibung der Objekte ist oft sehr genau und ein Zusammenhang kann erfasst werden. Strichzeichnungen werden wiederum besser als detaillierte Zeichnungen erkannt, farbige Darstellungen besser als monochrome, wirkliche Objekte besser als Zeichnungen. Besondern schwer ist das Erkennen dreidimensionaler Zeichnungen. Was gut funktioniert ist die Zuordnungsfähigkeit: Zuordnung identischer Bilder, verschiedene Objekte einer Art oder verschiedene Darstellungen eines Gegenstandes. Integrative Agnosie kann als Rückbildung der Formagnosie auftreten oder als Symptom einer Hirnschädigung. Sie kommt häufiger als Formagnosie vor .
Assoziativer Prozess des Erkennens ist der der nächsthöheren Ebene – das Zugreifen auf das gespeicherte Objektwissen. Bei der assoziativen Agnosie können die Patienten dieselben Tests festgestellt der Zuordnung verschiedener Ansichten eines Objekts zueinander lösen, versagen aber bei Benennung visuell nicht wahrnehmbaren Eigenschaften wie Funktion oder Ort des Vorkommens. Die perzeptive Phase des Erkennungsprozesses wird erfolgreich abgeschlossen, während die semantische Phase versagt. Dies kann auftreten wenn das semantische System geschädigt ist in dem Wissen über die Objekte gespeichert ist. Die Betroffenen können keine Fragen über die Eigenschaften der Objekte beantworte oder sich bildlich vorstellen wie diese Gegenstände aussehen. Gegenstände können in den meisten Fällen auch nicht mit taktilen Explorationen oder mit Hilfe von Geräuschen identifiziert werden. Es gibt jedoch Patienten deren perzeptive Fähigkeiten erhalten bleiben und nur visuell präsentierte Gegenstände nicht identifiziert werden können, taktil oder auditiv präsentierte schon. Bei solchen Fällen ist es schwieriger zwischen optischen Aphasie und assoziativen Agnosie zu unterscheiden. Oft werden diese zwei Formen der Störung als „modalitätsspezifisch visuelles Fehlbenennen“ zusammengefasst .
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