Der aus Muskel und Bindegewebe bestehende Beckenboden grenzt Rumpf, Bauch- und Beckenhöhle nach unten ab und stützt die inneren Organe des Bauchraumes. Die wesentlichen Funktionen sind neben der Stützfunktion
das Anspannen der Muskulatur zur Sicherung der Kontinenz, einem angelernten Prozess zur Zurückhaltung von Stuhlgang und Harnausscheidung wie auch das Entspannen der Muskulatur für Ausscheidungsvorgänge.
Harnblase und Darm werden durch das Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur geöffnet und geschlossen.
Urin wird in der Niere gebildet und fließt über die Harnleiter in die Blase.
Drei Muskelgruppen sind an der Aufrechterhaltung der Kontinenz beteiligt.
Die Entleerung der Blase, Miktion genannt, wird durch ein Zusammenspiel des autonomen und vegetativen Nervensystems geregelt. Füllt sich die Blase mit Urin werden Nerven des Miktionszentrums im unteren Rückenmark
aktiviert und die Entleerung der Blase wird durch sympathische Innervation solange unterdrückt, bis eine willentliche Entleerung durch das Entspannen der inneren Schließmuskulatur erfolgt. Die Miktion wird durch ein
Zusammenwirken der Nerven des zentralen Nervensystems reguliert. Treten Schädigungen in diesem Bereich auf, hat dies Auswirkungen auf die Kontinenz.
Funktionsstörungen des Beckenbodens können unter anderem zu Inkontinenz führen, unkontrolliertem Urinieren aufgrund einer gestörten Rückhaltungsfunktion. Inkontinenz ist vor allem bei Frauen als Begleiterscheinung
von Schwangerschaft und Menopause ein weit verbreitetes Phänomen ebenso wie bei älteren Personen. Bei Frauen rührt Inkontinenz häufig von einem Stabilitätsverlust des Beckenbodens und der Harnröhre wie auch von Geburten her.
Harninkontinenz tritt in verschiedenen Formen auf, die häufigste ist die Stressinkontinenz. Es handelt sich um unwillkürliches Harnlassen aufgrund abdominaler Druckerhöhung, hervorgerufen durch beispielsweise
Lachen oder Husten, bei starker Ausprägung bereits durch geringe körperliche Belastung. Weitere Formen sind die Drang- oder Urge-Inkontinenz, welche sich durch plötzlich auftretenden starken Harndrang äußert,
der Mischinkontinenz die Symptome aus Drang- und Stressinkontinenz vereinigt, sowie die Überlaufinkontinenz die durch eine Überfüllung der Blase charakterisiert ist.
Obwohl Inkontinenz weit verbreitet ist, stellt es noch immer ein Tabuthema dar und nur ein kleiner Teil der betroffenen wagt den Gang zum Arzt. Die Diagnostik erfolgt anhand Untersuchungen des Mittelstrahlurins,
Blutbildes sowie eines Tagebuchs in dem Häufigkeit und Ausmaß der Inkontinenz dokumentiert werden.
Neben verschiedenen operativen Verfahren kann Inkontinenz durch Training der Beckenbodenmuskulatur mithilfe von EMG-Biofeedback gelindert oder sogar beseitigt werden. Dabei lernt der Patient willkürlich die
Beckenbodenmuskulatur anzuspannen ohne andere Muskelgruppen mit einzubeziehen.
Neben der Biofeedbackapparatur ist auch noch eine Verhaltensänderung notwendig, welche unter anderem eine sinnvolle Regulierung der aufgenommenen Flüssigkeit wie auch die Planung von Urinierungszeiten oder
das bewusste Anspannen der Beckenbodenmuskulatur bei Lachen oder Niesen umfasst. In jedem Fall ist eine Aktive Mitarbeit des Patienten wie auch das tägliche Durchführen von Übungen unabdingbar.
Die apparative Biofeedbackausstattung beinhaltet EMG Sonden zur Messung der Beckenbodenmuskulatur und des Vaginaldrucks sowie Manometrie Sonden zur Druckmessung.
Für das Biofeedbacktraining werden Einmalsonden verwendet, welche nach einer Einführung in der ersten Sitzung zumeist selbstständig eingeführt werden können.
Zur Bestimmung des Grundniveaus werden Vaginalsonden sowie ein EMG im Bereich des Unterbauchs eingesetzt. Dies erfasst die Kontraktion der Bauchmuskulatur, welche unbedingt vermieden werden sollte.
Der Patient wird aufgefordert, den Beckenboden anzuspannen und zu entspannen wobei Dauer und Stärke der Anspannung sowie das Einbeziehen der Bauchmuskulatur bestimmt werden.
Nach Erhebung des Grundniveaus folgt eine „Neu-Programmierung“ des Beckenbodens durch gezieltes Kontraktions- und Entspannungstraining.
Das Feedback über die Muskelkontraktion des Beckenbodens erlaubt die Steigerung der Kontraktion sowie die Dauer der willkürlichen Anspannung und somit das Zurückhalten von Urin. Die Beckenbodenkontraktion
soll während des Ausatmens erfolgen ohne dabei die Bauchmuskulatur einzubeziehen.
Sinnvoll ist auch der Einsatz von tragbaren Biofeedbackgeräten zur Durchführung von Heimübungen.
Durch die Darstellung der Muskelanspannung anhand des EMGs wird die Selbstwahrnehmung geschult was letzten Endes zu einer Integration in die alltäglichen Funktionsabläufe des Patienten führen soll.
Die besten Therapieerfolge lassen sich durch eine Kombination von Biofeedback mit Beckenbodentraining erzielen. Biofeedback kann dabei als positiver Verstärker eingesetzt werden, da der Patient anhand des
akustischen oder visuellen Signals direkt Rückmeldung über den Muskeltonus erhält und somit Fehlkonditionierungen unmittelbar geändert werden können. In dieser Kombination konnten Erfolgsraten von bis zu 85 % erreicht werden.
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